Kategorie: Praktikum

Abschied von Santiago

Man glaubt es kaum, aber schon sind die 7 Wochen in Santiago fast rumm. Mir bleibt nur noch ein Tag hier. Am Samstag früh ziehe ich aus meinem Zimmer aus und werde dann noch eine Nacht am Land bleiben, bevor es dann am Sonntag in den Norden geht.

Viele Leute sagen, dass Santiago hässlich und laut ist, und dass es sich nicht lohnt, dass man hier mehrere Tage bleibt. Es ist zwar wirklich relativ laut und der Verkehr hier ist wirklich übel, aber alles in allem ist mir diese Stadt in meiner Zeit hier doch ans Herz gewachsen. Die Stadt hat so viele Facetten. Auf der seinen Seite Viertel mit modernen Bürogebäuden, die an New York erinnern, auf der anderen Seite kann man auf den Markt nach Recoleta gehen und man sieht ein ganz anderes Bild.

Diese Woche war es fast noch stressig, weil die Server noch fertig migriert werden mussten. Morgen Mittag geht es dann noch mit dem Chef und meinem, sagen wir Betreuer, zum Abschiedmittagsessen.
Es ist schier unglaublich, aber der Chef hier hat sich doch glatt bei mir erkundigt, ob ich mir vorstellen könne, in der Firma dauerhaft zu arbeiten. Ich hab es erst gar nicht verstanden, was er eigentlich fragen wollte. Durch meine Reaktion des Unverständnisses kam aber glaub ich durch, dass ich erstmal nach Deutschland zurückfahren werden (@Peter: Keine Angst ich komm schon wieder).
Nach der Arbeit bin ich dann noch in die Organisation, um mich auch da für alles zu bedanken. War ja wirklich alles super, auch dass das mit dem Umzug geklappt hat. Als ich dort auch von dem Jobangebot erzählt habe, haben die mir auch gesagt, dass ich nicht der erste wäre, der hängenbleiben würde. Was glauben die alle von mir? Was hab ich hier bei den Leuten wohl für einen Eindruck gemacht?
So toll das Angebot aber auch wäre, für so was bin ich auch einfach zu feige und vor allem hat man schließlich ja auch Freunde, Familie, die es auch auf jeden Fall wert sind, zurückzufahren. Auch würde mir der kleine, aber ständig präsente, Chaosfaktor wahrschleinlich schwer zu schaffen machen.
Kurzzeitig von Deutschland hier ins kalte Wasser springen war kein Problem, einen Sprung für immer kann ich mir nicht vorstellen. Auf jeden Fall haben sie mir prophezeit, dass ich nicht das letzte Mal in Chile war. Damit könnten sie wohl recht haben.

Nun geht es noch mit dem Amerikaner, der im selben Haus unten wohnt ein Abschiedbierchen trinken.

Morgen veranstaltet, dann die Gastfamilie ein Abschiedsessen für mich, bevor es dann am Samstag zur Pato und am Sonntagabend nach Arica geht.

Es ist Zeit hier in Santiago auf Wiedersehen zu sagen:

Es werden mir die grünen , lauten Busse fehlen, die schwarzen alten Nissan Taxis, die einen für wenig Geld überall hinbringen, mir werden die Leute auf dem Weg morgens zur Arbeit fehlen, denen nicht  der Frust im Gesicht steht. Es wird mir fehlen, dass man hier einfach deutlicher planloser in den Tag leben kann und am Ende sich die Probleme doch lösen, die Verabredung doch klappt. Auch weiß ich nicht, was ich in Deutschland ohne einen Castaño mit seinem leckeren, mit Manjar gefüllten Gebäck machen soll. Ebenso, dass man in der Mittagspause immer essen gehen kann, dabei draußen sitzen kann und anschließend noch ein Weilchen am Mapocho mit Blick auf die Anden in der Sonne dösen kann.
Mögen die Leute über Santiago sagen was sie sollen, ich hab mich sau wohl gefühlt.

Danke Santiago, lebe wohl und bis bald.

Chile 3.Welt?

Oft vor meiner Abreise habe ich den Satz gehört: „Uhh, Chile, so lange willst du in die 3. Welt gehen“. Auch im Internet wird Chile oft noch der 3. Welt zugeordnet, weil etwa die Hälfte der Einwohner Chiles in der Hauptstadt wohne und alles ausser der Hauptstadt von der Entwicklung etwas hinterherhinkt. Ebenso weil nicht so sehr viel produzierende Industrie gibt. Sogesehen müsste man dann aber auch Irland in die 3.Welt stecken.

Ein bisschen konntet ihr ja schon an meinen bisherigen Fotos sehen, dass vor allem Santiago gar so rückständig ist, wie man es sich als Europäer vorstellen mag. Jetzt mit den ganzen Bildern nach den Erdbeben schon gleich noch viel weniger.

Um euch mal zu zeigen, wie es in den Geschäftsvierteln Santiagos rund um meine Arbeit hier aussieht, kommen nun mal ein paar Bilder. Was bei den Bildern auffällt ist der extreme Kontrast zwischen teils alten Häusern und den ganz modernen Büro-Hochhäusern. Das erste Bild ist von dem Haus in dem ich mein Praktikum mache. Die letzten Bilder zeigen das Flußufer vom Mapacho, wo ich mich häufiger mit Andenblick Mittags einfach mir ein paar Empanadas in die Sonne lege.

Hauptsache nicht gekauft

So, nun kommen wir hier mal auf den Punkt, der wahrscheinlich die Leute bei mir in der Arbeit brennend interessieren wird. Ich hab ja vorher schon angenommen, dass es hier weniger wichtig ist, ob man eine CD oder eine Software im Original besitzt. Aber was ich hier Tag täglich erlebe übertrifft die Erwartungen dann doch.

Von dem einen CD-Verkäufer im Bus habe ich ja schon erzählt. Der hat die aktuellen Top 50 als Raubkopie dabei gehabt. Wirklich schön gemacht, mit Cover und allem. Wie man es ja auch von den Schwarzmärkten aus dem Osten kennt. Überrascht war ich von dem Service die Raubkopien im Bus gleich auf dem zur Verfügung gestellten Discman Probe zuhören. So kann man jedenfalls schon mal vermeiden, dass man sich hier für 50 Cent eine schlechte Raubkopie kauft.

Nach Ereignissen wie diesem habe ich mich gefragt, wie man das hier im täglichen Leben handhaben würde. Erst mal die positive Nachricht. Es wird hier auch Linux und Opensource-Software verwendet.
Sonst wird hier munter kopiert, gecracked und das auch noch mit Stolz und nicht aus der Notwenigkeit heraus. Nicht wie bei uns zu Hause, wenn es was schlimmes ist, wenn man Software illegal einsetzt und immer das schlechte Gewissen bleibt.

Hier gilt es als achtenswerter Erfolg, wenn man wieder etwas mit einem Crack zum Laufen gebracht hat. Also ich finde es schon ein wenig extrem. Auch wahre Gigabyte-Berge an Musik wurden mir schon angeboten. Bis jetzt habe ich mich noch nicht anstecken lassen. Was will ich mit soviel Musik. Ich höre die ja doch nie an.  Irgendwie glaube ich, komme ich von einem anderen Stern. Also diese Einstellung ist etwas, das man in diesem Umfang nicht mit nach Deutschland mitnehmen muss.

Anders sieht es bei Youtube aus.  Da gehen ebenso Sachen nicht, genau wie in Deutschland. Hier haben scheinbar die US-Musiklabels ebenso den Daumen drauf.
Ebenso lohnt sich hier ein Server kaum. Es geht nicht mehr als in Deutschland und die Preise für WebHosting sind extrem hoch. Ein V-Server ist im Monat nicht unter 50-70€ zu bekommen. Als ich denen in der Firma von den Preisen in Deutschland erzählt habe, sind sie aus allen Wolken gefallen. Die holen sich jetzt wahrscheinlich einen V-Server in Deutschland. 🙂

Der Alltag kehrt ein

Nun bin ich schon den 3. Tag in meinem Praktikum. Was ich bis jetzt erkennen konnte, unterscheidet sich ein IT-Betrieb in Chile nicht gravierend von einem IT-Betrieb im Deutschland. Mag sein, dass es auch daran liegt, weil meine Firma in Deutschland und hier von der Größe her ähnlich sind.
Was prinzipiell mal auffällt, dass die Leute hier deutlich länger arbeiten. Sieht man ja nun auch schon bei mir. Ich fange morgens um 8:30 Uhr an und hab dann erst im 18:30 Uhr Schluss. Ist also eine Stunde mehr. Was hierbei wieder verwundert ist, dass unterm Strich hier deutlich weniger rauskommt. Und die meisten hängen dann noch abends Minimum eine Stunde dran. Ich musste vorgestern Bilder und Content auf einer Webseite ändern. Die Bilder haben dann aber von den Farbwerten nicht gepasst. Auf die geänderten Bilder warte ich bis jetzt. Bei dem Thema geht also mal nichts weiter. Wenn ich das in Freising an die Grafiker gegeben hätte, hätte ich die Bilder in 2-3 Stunden wieder gehabt (**Lob an die Grafiker in Freising**). Ebenso wurden für die Website-Änderungen 3 Tage für mich eingeplant. Das war aber gar ned schlimm (das sag ich, der ja von Webdesign wirklich keine Ahnung mehr hat) , womit ich damit nach einem Tag schon fertig war. Bei der Konfiguration des Subversion-Servers habe ich mir dann heute echt Zeit gelassen. Puhh ungewohnt. Morgen mach ich dann noch die Dokumentation dazu auf Spanisch fertig. Also die Arbeitsgeschwindigkeit strengt mich ein bisschen an. Wirklich schön ist, dass bei mir das Telefon nicht klingelt und ich als Neuling auch kaum eMails beantworten muss. So kommt man mal zu was und kann sich auch in neue Themen in aller Ruhe einarbeiten, z.B. in Subversion. Hat mich ja schon länger mal interessiert.

Der Alltag kehrt auch insofern ein, dass ich mich mit dem Bussystem immer mehr anfreunde (sagen wir, mich an es heranwage). Der Trick ist: Merke dir, welche Busse bei dir zu Hause vorbei fahren und schau dir die Busse an, die an der Arbeit vorbei fahren. Gleiche Nummern merken und nächste Mal nehmen. 🙂
Heute war der Bus bei der Heimfahrt allerdings so voll, dass es unmöglich war, mich an meiner Haltestelle zur Türe durchzukämpfen. Dann ging es halt zu Fuß wieder ein bisschen zurück. So ganz raus hab ich es noch nicht. Brennt aber ja auch nix an.

Sonst geht hier das Leben schön seinen gewohnten Gang. Nach der Arbeit bin ich gleich noch in die Unterkunft von der Schule (an der ich eigentlich ja nicht mehr bin) und hab da noch ein paar Leute getroffen. Unter anderem Martin, einen netten Schweizer, der heute seinen letzten Tag hatte. Eigentlich wollte der schon am Samstag heim fliegen, nur durch das Erdbeben bliebt er hier hängen. Da er aber zurück in die Arbeit muss, fährt er morgen mit dem Bus nach Mendoza in Argentinien und fliegt von da über Buenos Aires und Såo Paulo zurück nach Zürich. Na dann gut Nacht. Auf jeden Fall waren wir da jetzt noch in einem netten peruanischen Restaurant (keine Ahnung was daran peruanisch war) essen. Hab da ein Filet mit Rotweinsoße gegessen, das absolut göttlich war (siehe Foto). Dazu zwei Pisco Sour (hierzu gibt es mal eine extra Geschichte). Was will man mehr. War ein sehr netter Abend. Jetzt ist es zwar erst 22:40 Uhr, doch irgendwie bin ich ziemlich müde. Hatte seit der Arbeit auch keine Minute zum sitzen.

Morgen ist dann erstmal Wochenende. Pläne habe ich keine. Eventuell hat die Pato ja was geplant. Wenn nicht, dann könnte ich mir einen Ausflug in das Andental Cajón de Maipo vorstellen. Mal schauen.

Hier gibt es wieder ein paar Bildchen.

  • Zum einen Mal der Glockenturm, der bei mir um die Ecke während des Erdbebens in Mitleidenschaft gezogen wurde.
  • Dann mal der Blick von meinem Büro auf die verschneiten Anden (kommt auf dem Foto leider nicht so gut raus, insbesondere die getönten Scheiben sind hinderlich beim Fotografieren). Der Blick hat was. Zudem sieht man mal so die modernen Bürogebäude. So stellt man sich Südamerika eigentlich nicht vor.
  • Zuletzt dann noch 3 Fotos von Martin (der Schweizer) seinem Abschiedsabend inklusive dem tollen Essen

Die Berichterstattung vom Wochenende kommt dann am Montag.

Praktikumsbeginn

Eigentlich hätte mein Praktikum ja schon gestern beginnen sollen, aber weil die wegen des Erdbebens noch die Firma aufräumen mussten, hatte ich gestern noch einen zusätzlichen Tag frei. Da hab ich mir gestern noch einen schönen Tag gemacht und bin endlich auf den Mercado Central gefahren, von dem alle so geschwärmt haben, dass er so südamerikanisch sein soll. Also ich war enttäuscht. Da ist der Markt in Málaga exotischer. Dafür wird man in dem Markt recht aufdringlich angequatscht , ob man nicht was essen möchte. Da bin ich dann schnell weg. Beim Laufen durch das Zentrum haben ich aufmerksam nach Erdbebenschäden gesucht. Alles was ich entdecken könnte, war ein Haufen aus etwa 15 Dachziegeln und eine zerbrochene Fensterschreibe.
Danach wollte ich noch auf den Cerro Santa Lucia, der sehr schön sein soll. Aber der Park war geschlossen, weil die Gebäude auf Schäden geprüft werden. Am Abend gab es dann noch ein Gratis-Grillen in der Sprachschule. Warum auch nicht zur Abwechslung mal wieder was vom Grill. 🙂

Heute morgen musste ich dann um 9:30 Uhr in der Arbeit sein. Ist auch eine recht überschaubare Firma mit gut 20 Leuten. Die Leuten sind ganz nett und eben auch so zwischen 20 und knapp 40 Jahre alt, also ein recht junges Team. So recht weiß ich noch ned, wo ich hingehöre, aber mein Ansprechpartner hat gesagt, dass ich jetzt erstmal rein finden soll. Das ergibt sich dann schon alles. Ich glaube, dass es ganz nett werden könnte.

Folgende Dinge sind mir am ersten Tag schon mal aufgefallen:

  • Scheinbar haben alle IT-Firmen und deren Mitarbeiter Sinn für Humor und einen Hang zum Blödsinn
  • Der Geräuschpegel ist schon etwas höher als bei uns in der Firma in Deutschland. Wobei das Büro unserer EDV-Abteilung in Freising schon einen südamerikanischen Einschlag hat. 🙂 Liegt das an mir ???
  • Auch die Frage, wie man wohl arbeitet, wenn zweimal am Tag der Strom kurz ausfällt, ist geklärt. Die Lösung ist, dass alle an Notebooks arbeiten. Hab mein eigenes MacBook gekommen. Juuhuu. Die haben nicht damit gerechnet, dass ich mich damit auskenne. 🙂
  • Was ich bis heute gesehen habe, kochen auch die nur mit Wasser und der IT-Chaos-Glücksfaktor spielt auch da mit.
  • Sprachlich war es das erste Mal während meines Aufenthaltes hier in Chile wirklich hart. Bis jetzt lief das mit dem Spanisch immer absolut problemlos. Aber da gibt es Leute mit einem Akzent und einer Redegeschwindigkeit, dass es einem die Zehennägel aufdreht. Zum einen versteht man  nichts und aber dann muss man sich im nächsten Satz anhören, wie gut man doch Spanische spreche würde. Die werden sich an Nachfragen meinerseits leider die 6 Wochen gewöhnen müssen. 🙂 Aber die sprachliche Zielanforderung ist gesetzt. Puhhh
  • Hinweis: Fahre zur Stoßzeit nicht mir der Metro!! Das ist der Alptraum. Es war beim Heimfahren jetzt so voll, dass ich die ersten 2 Züge vorbeigefahren lassen musste. Beim 3. war ich dann an der Reihe hingedrückt zu werden. Man bekommt keine Luft, es wird nur geschoben und aussteigen ist fast nicht möglich, wenn man mal drinnen ist. Zumindest muss man sich nicht festhalten. Japan-Feeling. Google-Maps gibt den Fußweg mit 21 Minuten an. Morgen geh ich zu Fuß. Da bin ich auch ned langsamer. Oder doch mal den Bus riskieren 😉

Durch meine jetzige Beschäftigung werden wahrscheinlich auch meine Blog-Einträge etwas seltener, weil es einfach nicht mehr soviel zu erzählen geben wird. An den Wochenenden wird aber sicher wieder was unternommen und gibt es auch wieder Neuigkeiten.

Hier kommen nun noch ein paar Fotos vom Mercado Central und der Kirche Santo Domingo